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Sonnentag

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Welch eine Wohltat. Die Sonne scheint. Nur ein Tag Regen versetzt einen in das pure Entzücken über den ungebrochenen Sonnenschein. Frühstücken im Hof von Teresa. Dann gibt uns ihr Mann ein kleines Geheimnis preis. Im gegenüberliegenden Gebäude auf ihrem Grundstück befindet sich nicht des Sohnes Zimmer, wie wir es vermuteten, sondern ein teures Tonstudio mit vollem Equipment. Alles, was das Rockerherz begehrt. Teresas Mann war 20 Jahre auf der anderen Seite des Flusses Producer und versucht sich nun in Colonia.

Nach der kleinen Hausführung wollen wir an den Strand. Real de San Carlos heißt unser auserkorenes Ziel in 5 km Entfernung. Man kann es erlaufen oder aber mit Rad erreichen. Wir entscheiden uns für Letzteres. Ein Anruf von Teresa und 30 Minuten später erscheint ein Mann mit zwei Fahrradkrücken für je 5 USD. Ein viel zu kleines Damenrad mit nicht funktionierenden Bremsen soll wohl für mich bestimmt sein, ein Herrenrad mit ebenso nicht funktionierenden Bremsen wohl für meinen Reisebegleiter. Wir tauschen die Rollen und so düse ich mit dem Herrenrad und Lars mit dem Damenrad immer der Küste entlang, bis wir Real de San Carlos erreichen. Dort gibt es nicht nur Strand sondern auch Bauruinen des argentinischen Millionärs Nicolás Mihanovich zu besichtigen. Eine davon ist eine Stierkampfarena, die der Schwerreiche erbauen ließ, als schon Stierkämpfe verboten waren, anders als in Kontinentaleuropa. So ließ man ihn nur fünfmal gewähren, bevor man die Arena gänzlich schloss.

Die Hitze trieb uns nun an den Strand, ganz hinten kurz vor dem Sheraton findet man hier seine Ruhe. Was will man mehr. Feinen Atlantik aber wie Heringe liegen, oder dann doch die völlige Ruhe genießen an einem nahezu menschenleeren Strandstück. Nur drei lautstarke Amerikaner stören kurzzeitig die Ruhe und Einsamkeit und versuchen uns in dummen amerikanischen Small Talk zu verwickeln. Als sie uns nach unserer Meinung zu den Iguazufällen fragen, die ja nur ich von uns beiden bisher gesehen habe, weiss ich, wie ich sie in ihrer tiefen stolzen amerikanischen Seele treffen kann. Ich melde mich zu Wort mit einem Satz, der ungefähr so klingt: „Sie sind sehr schön. Viel schöner als die mickrigen Niagara Fälle in den USA.” Der Satz sollte Wirkung zeigen, die drei Amerikaner verpissten sich und Ruhe kehrte wieder ein. Nur der „Fluss“ plätscherte vor sich hin.

Am Spätnachmittag radelten wir in die Altstadt Colonias. Wir wollten Kaffee trinken und hatten gestern bereits ein Café  auserkoren, dass vielversprechender daherkam als das La Boheme. Leider hielt auch dieses Café energais magia nicht das, was sein Äußeres versprach. Klein, niedlich und mit Rioblick, ein Garten voller Kakteen und wir mittendrin. Ruhe war auch hier zu finden, bis der Nachbar den Rasenmäher anschmiss. Gut, dafür konnte die Café-Betreiberin nichts, aber für die horrenden Preise, das einzige was magisch war, und die nicht eingehaltene Qualität schon. Einen Café Leche gab es nicht, den ich sonst bevorzugte, der Latte war mir mit 9 EUR doch zu teuer, also entschied ich mich für einen winzigen Cortado. Dazu nahm ich einen Banana Cake mit Dulce de Leche. Der Cake sollte eigentlich ein Pie sein, war aber nur ein trockener Rührkuchen, der durch den fetten Anstrich von Dulce de Leche zu ein bisschen Feuchtigkeit kam. Das Geheimnis, aus alt neu zu machen, heisst in Uruguay also Dulce de Leche, das habe ich inzwischen gelernt. Nie mehr würde ich hier noch etwas MIT Dulce de Leche als Füllung oder Topping bestellen, da es ein Anzeichen für Verbergen ist. Nun gut, ich erwähne noch schnell, der Cake war staubtrocken und kostete 4 EUR. Das sind Preise, wie ich sie in Deutschland nicht mal gewöhnt bin. Für den Preis bekomme ich dort in der teuren Kaffeerösterei ein fettes Tortenstück. Aber man befindet sich in Colonia ja auch in guter Nachbarschaft, wo Eispreise bei haarsträubenden 4 EUR für eine Kugel starten. Hier kann man nur noch Selbstversorgung betreiben und allen Genüssen entsagen.

Wir suchten noch den Leuchtturm auf und genossen den Blick über den Ort und die sich in der Weite befindenden Großstadt. Man sieht am schönen Tagen tatsächlich die Skyline Buenos Aires. Den Tag ließen wir dann wieder in Real de San Carlos ausklingen. Dort schauten wir einem verzweifelten Halbstarken zu, der noch vor wenigen Minuten mit Wasserjet über den Rio protzte, und nun beim Heraushieven seines Wasserjets den Geländewagen seines Papas im Rio festgefahren hat. So steht der Geländewagen mitten im Wasser und bewegt sich nicht vor und nicht zurück. Lobte ich noch vor zwei Wochen die Hilfsbereitschaft der Argentinier älteren Menschen gegenüber, griff in dieser Situation die gewohnte Schadenfreude um sich. Anstatt zu helfen, stehen umstehende Menschen auf, um die Szene zu fotografieren. Ein Beweis dafür, Menschen sind überall gleich. Protzer werden mit Häme überzogen. Und noch bevor der rote Sonnenball romantisch hinter den vorgelagerten Inseln verschwand, wobei er Buneos Aires noch einmal grandios orangefarben anstrahlte, schaffte es auch der junge Bursche, seinen Papa heranzuholen, der ihm den Wagen mit etwas Cleverness aus dem Sand fuhr.

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