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Wenn’s mal wieder schnell gehen soll… {in Bolivien}

Rurrenabaque

Zimmernummer 405. Die Tür fällt ins Schloss. Ich werfe meinen Rucksack in die Ecke und lasse mich resigniert auf mein Bett fallen. Inzwischen kehre ich schon zum dritten Mal morgens vom Flughafen zurück. Auschecken – einchecken. Selbst die sonst so schüchterne Rezeptionistin kann sich ihr Grinsen nicht mehr verkneifen, als zum dritten Mal unerwartet der Zimmerschlüssel 405 über den Tresen wandert. Morgen, ja morgen wird es weitergehen. Ganz sicher! Nur sicher ist in Bolivien nichts. Und schon gar nicht sicher sind die Abflugzeiten der kleinen Urwaldflieger.

Um 6.45 Uhr holte uns unser Taxi im Hotel ab, um uns in das 13 km entfernte El Alto zu fahren. Hier befindet sich auf 4061 Metern Höhe der zu den höchstgelegenen Flughäfen der Welt zählende Airport von La Paz, von dem in weniger als 1,5 Stunden auch unser Flieger in das Tiefland Boliviens starten sollte. Als wir am Flughafen ankamen, fanden wir einen verwaisten Schalter von Línea Aérea Amaszonas vor. Das überraschte uns, denn längst hätte hier die Abfertigung für die überschaubare Fluggastzahl unseres Fliegers beginnen müssen. Aufgeregt liefen wir zu einem der Monitore, der unseren Flug nicht aufführte. Was war nur los? War unser Flug einfach kommentarlos gestrichen worden? In Sachen guter Kommunikation hatten sich die Bolivianer auf meiner Reise tatsächlich noch nicht hervorgetan. Aber einfach gar nichts ankündigen, geht nunmal auch nicht. Wir machen uns auf die Suche nach dem Personal von Línea Aérea Amaszonas. Das zuckt zunächst mit den Schultern. Fliegen, nein fliegen tut heute keine Maschine ihrer Fluglinie, bekommen wir eine Stunde später endlich gesagt. Wir sollten morgen wieder kommen, dann würden sie sicherlich abheben. Ich erspähte sechs Namen auf der Passagierliste. Das reichte wahrscheinlich aus Kostengründen nicht aus, so meine Vermutung. Also hatte ich die Hoffnung, dass sich am nächsten Morgen mehr Passagiere finden würden, und wir endlich durchstarten könnten.

La Paz

La Paz

La Paz

La Paz

Wir hatten eine Telefonnummer mit auf dem Weg bekommen, die wir am nächsten Morgen auch anzuwählen versuchten, aber dort ging niemand ran. Also nahmen wir erneut ein Taxi vom Zentrum La Paz zum Flughafen in El Alto, um unsere Maschine wieder nicht auf dem Monitor zu finden. Wir sollten morgen wieder kommen. Die Maschinen, die die Graspisten der bolivianischen Tiefebene anfliegen, sind klein. Wie sollten also die Passagiere von dann inzwischen drei Fliegern auf einer Maschine morgen Platz finden? So ganz erschloss sich mir die Logik nicht, aber ich hatte vielleicht einfach noch nicht den richtigen Zugang zu dieser Denkweise.

Unser Taxifahrer war uns in weiser Voraussicht schon bis zum Schalter gefolgt. So verdiente wenigstens er neben der Hinfahrt noch eine Rückfahrt. Dieses Spiel hätte für ihn wohl noch ein paar Tage so weitergehen können. Für uns jedoch nicht. Wir gaben uns nur noch den einen dritten Tag.

Um 6.45 Uhr holte er uns wieder ab. Ich ahnte bereits nichts Gutes. Es regnete in Strömen, und Regen in Bolivien ist Gift für planmäßige Abflüge. Denn unser Zielflughafen ist weniger ein Hafen als nur ein Ziel. Dort, wo die kleinen „Urwaldflieger“ landen, ist eine holprige Graspiste, die sich schnell in eine Rutschbahn verwandeln konnte. Also hatte ich als mögliches Problem dieser Flüge bisher nur die Wetterlage in Betracht gezogen. Und die meinte es heute schon hier oben auf der Hochebene nicht gut mit uns. Natürlich stand unser Flieger auch wieder nicht auf der Anzeigetafel. Er befände sich in Wartungsarbeit. Aha! Das war doch mal eine Ansage. Am dritten Morgen erhielten wir endlich einmal eine detaillierte Auskunft über den Verbleib unserer Maschine. Ja, unserer Maschine, denn Línea Aérea Amaszonas hat nur eine, und diese hat eben aktuell „un problema“. Sie benötigt dringend ein Ersatzteil und das kommt, nun ja, für mich dann doch etwas überraschend, morgen aus Miami. Übermorgen ist es dann auch wirklich eingebaut, ganz großes Indianerehrenwort!

Wir ließen uns dieses Mal gleich an einem Reisebüro absetzen und stornierten dort unseren Hinflug, den Rückflug verschoben wir nur. Die Alternativen wurden uns dort gleich mitangeboten – Bus oder Geländewagen. Nach drei Tagen sinnlosen Wartens suchte ich nur noch die vermeintlich schnellste Lösung und entschied mich für den Geländewagen.

La Paz

La Paz

Flughafen von Rurrenabaque

Flughafen von Rurrenabaque

Eine Woche später in Rurrenabaque. Wir kehren aus dem Urwald zurück und suchen auf dem Weg zu unserem Hostel vorsorglich gleich das Büro von Línea Aérea Amaszonas auf. Unser Flug wurde mit dem nächsten zusammengelegt, aber morgen um 9.50 Uhr würde unser Flieger abheben, wenn es nicht regnet. Dieser Zusatz machte mich etwas nervös. Denn in den vergangenen Tagen hatte es immer wieder viel geregnet. Sollten wir doch lieber den Geländewagen wählen? Noch gab es Platz. Wir trafen in der Stadt Briten, deren Flieger heute storniert worden war. Sie hingen fest, wurden auf den nächsten Tag vertröstet. Ich erlebte ein Déjà-vu. Als wir nachts in unser Hostel zurückkehrten, fanden wir eine Notiz unserer Fluggesellschaft, der Flieger sei um 1,5 Stunden verschoben. Am nächsten Morgen schob ich hektisch die Gardine beiseite und war beruhigt, als mich die Sonne vom Himmel anlachte. Wir packten unsere Sachen und fanden uns im Büro von Línea Aérea Amaszonas ein. Als wir dort ankamen, wurde uns eine weitere Verzögerung angekündigt, denn unser Flugzeug befand sich aktuell noch auf dem Hinflug nach Trinidad. Der Shuttlebus zum Flughafen würde uns nun um 12.20 Uhr abholen, der Flieger 13.30 Uhr starten. Zeit, noch einen Saft zu trinken.

Zwischen 10 und 12 Uhr konnte viel passieren. Die Natur ist launisch und somit fast so flexibel wie Línea Aérea Amaszonas. Zwischen 10 und 12 Uhr lagen Himmel und Hölle – zumindest in unserer Gefühlswelt. Der Geländewagen fuhr um 11 Uhr gen La Paz ab. Unsere Plätze waren längst vergeben. Während wir in einem Café warteten, schaute ich immer wieder gen Himmel, an dem die Sonne rasend schnell von einer dunklen Wolkenfront aufgefressen wurde. Um nur wenige Minuten später den ganzen Beni-Fluss von oben auf unsere kleine Stadt auszuschütten. Und wie wir unter dem Dach dieses Cafés saßen und dem heftigen Urwaldregen lauschten, legte sich ein Schatten über mein Gesicht. Die Feuchtigkeit des Urwalds legte sich in meine Augenlider.

In der "Wartehalle" des Flugfeldes von Rurrenabaque

In der „Wartehalle“ des Flugfeldes von Rurrenabaque

Amaszonas Flieger

Amaszonas Flieger

Um 12 Uhr fanden wir uns völlig durchnässt im Büro der Airline ein. Im 5 Minuten-Takt wurden uns Ab- und Zusagen präsentiert während hinter den Schaltern hektisch telefoniert wurde. Um 13.30 Uhr saßen wir auf den kleinen Holzbänken am Rande der aufgeweichten Graspiste. Der heftige Regen war inzwischen einem Nieselregen gewichen. Gleich würde durch die Wolkendecke ein Flieger erscheinen. Ob dieser landen würde, läge im alleinigen Ermessen des Piloten. Ich starrte stoisch auf die Matschpiste während die anderen Passagiere um mich herum aufsprangen und freudig schrien „Die Maschine geht runter“.

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