Alle Artikel mit dem Schlagwort: Thüringen

puriy_header-heimt-deutschland

Heimatgefühl oder da, wo ich herkomme

Zugegeben, erst das viele Reisen bringt mich häufig in die Verlegenheit, die Frage nach meiner Heimat zu beantworten. Viel zu lange zögerte ich, meinen Wohnort als Heimat zu bezeichnen. Heimat ist das, wo man herkommt. Doch wo komme ich eigentlich her? Wo fängt Heimat an, wo hört Heimat auf. Wann wird aus Wahlheimat Heimat? Ich lebe nunmehr länger in meiner Wahlheimat als in der Heimat, in der ich geboren wurde und aufwuchs. Irgendwann wurde dennoch aus einer Thüringerin eine Berlinerin – und doch schlägt mein Herz für beides. 18 Jahre wuchs ich am südlichen Ausläufer des Thüringer Waldes auf, in den sanft welligen Hügeln, in denen die Sonne immer ein bisschen weniger schien als im Rest des Landes. Nichts Spektakuläres, sondern normale ländliche Idylle – doch mir fehlten schon immer Wasser und Großstadt. Was ich in meiner Kindheit schätzte, das Herumtollen auf Wiesen und in Wäldern, lockte ab dem Teenager-Alter nicht mehr. Wenn man mich fragte, was ich mal studieren wollte, wusste ich dies nicht mit Sicherheit zu sagen, doch eins war sicher, ich wollte …

Reichstag_2_670x270

Der Tag, an dem der Westen seinen Duft verlor

Mein Kompass hatte nur drei Richtungen. Und dennoch schien er intakt. Dort wo die Sonne am höchsten stand, ging es für mich nicht weiter. Hinter der Linie am Horizont kam nichts. Doch der Blick in den Himmel reichte. Gen Süden fuhr man einfach nicht. Was uns davon abhielt, kannte ich nur vom Hörensagen. Ein Grenzzaun, der so fest in meinem Leben stand, nur 15 km von unserem Haus, blieb bis zu jenem Tag für mich unsichtbar, an dem er kein Hindernis mehr war. Hin und wieder schritt meine Patin mit Jeansjacken, Netzstrümpfen und Milkaschokolade in mein Leben und färbte meine Welt bunt. Jeder Gegenstand duftete, dass ich mir in meiner Vorstellung hinter der Mauer ein parfümiertes Land vorstellte. Doch ansonsten mangelte es mir an nichts, außer an den unbegrenzten Möglichkeiten. Aber mit meinen fast 13 Jahren hatte ich noch längst nicht die Gesamtpalette an Möglichkeiten ausgeschöpft. Das Universum vergrößert sich, je älter man wird. Die Wege werden länger, die Zeit rast schneller, der Wille nach Freiheit wächst. Was in der Kindheit noch die duftende Wiese …

So wohnt es sich in Eisenachs Villen

In der Mitte Deutschlands wartet eine Burg

Wartburg. Der Wartburg? Die Wartburg? Heute fragt das niemand mehr. Der Wartburg ist Opel und Co. gewichen. Als ich über den weitläufigen Marktplatz Eisenachs schlendere, kommt ein knatternder Wartburg um die Ecke gefahren. Es gibt ihn noch – hier und da vereinzelt! Früher fuhren wir regelmäßig im Herbst zur Wartburg-Rallye. Das war die Paris-Dakar des Ostens. Nur wenig erkenne ich noch, als ich durch die Straßen laufe. Einfach alles zu lange her. Noch zweimal kam ich nach der Wende. Einmal zu meinem Auswahlgespräch für ein Auslandsjahr in den USA. Ein anderes Mal machte ich mit meiner Familie einen Weihnachtsausflug auf die Wartburg. Und genau da soll es auch jetzt wieder hinaufgehen. Der Himmel hat sich inzwischen zugezogen. Aus der Ferne höre ich ein Grummeln. Ich bin am Beginn des Rennsteigs und wie es Herbert Roth schon so schön besang, hier wandert man eben so gern. Viele Wege führen den Berg hinauf – gleich hinter dem Marktplatz. Ich laufe auf engen Pfaden durch Wälder und Wiesen. Immer wieder schaue ich mich um, um mich zu vergewissern, …

Header

Weimar damals und heute

Die Landschaft schiebt sich immer mehr zu Wellen zusammen, bis sie sich in einer sanften Hügellandschaft verliert. Leicht, schwungvoll bieten sich Felder und Wiesen hinter Naumburg dar, fast als würden sie dem musikalischen und literarischen Gefühl Ausdruck verleihen, Künste, die diese Gegend um Weimar seit eh und je bestimmen. Als ich den Zug in Weimar verlasse, fallen mir zunächst die vielen jungen Leute auf, die das Stadtbild neben den Touristen bestimmen. Studentenkneipen, Bars und jede Menge Inspiration machen die Stadt aus, die in den 80ern eine Erinnerung an „Grau und Zerfallen“ in mir zurückließ. Als ich damals mit meiner Familie durch die kleinen Holzbuden mit Zwiebelzöpfen spazierte, waren diese liebevoll geflochtenen Gebinde die einzig nennenswerten Akzente an jenem trüben Tag. Zwei weitere Male kehrte ich nach Weimar zurück – bereits nach der Wende. 1999, ein Jahr nachdem die UNESCO das Ensemble Klassisches Weimar in die Welterbeliste aufnahm und in dem Jahr, als Weimar Europäische Kulturhauptstadt war, zog es mich mit meiner Mutter zu einem Ausflug noch einmal hierher. Die kontroverse Schau „Aufstieg und Fall der Moderne“ …

Weg_Silbach_Herbst_670x270

Die Farben des Herbstes

Jede Jahreszeit hat für mich eine Farbe: Der Winter ist weiß – wie sehr freue ich mich das ganz Jahr schon darauf, in die Loipe zu gehen. Und ohne Zuckerüberzug ist auch Weihnachten nur halb so schön. Der Frühling ist grün – überall sprießt es, die Bäume schlagen aus und das Leben erwacht. Eine wunderbare Zeit für erste Radtouren und Spaziergänge und das erste Anbaden. Apropos, der Sommer ist blau – denn nie halte ich mich so oft an den Gewässern Norddeutschlands auf wie in dieser Jahreszeit. Und am meisten genieße ich das, wenn auch der Himmel mitspielt und meine Sommerfarbe aufgreift. Und dann haben wir den Herbst, wahrlich eine undankbare Jahreszeit, die alles tot macht, was eben noch Freude bereitet hat. Blatt für Blatt entkleiden sich die Bäume, die Wiesen und Felder sind längst abgemäht. Nur Decke und Teetasse scheinen jetzt noch die liebsten Begleiter zu sein, in einer vermeintlich farblosen Zeit. Man möchte einfach nur fliehen. Flüge werden gecheckt, die nächste Reise geplant. Hauptsache weg schwirrt dann durch meinen Kopf. Doch auch der …