Jeden Moment muss es kommen. Gespannt und doch auch übermüdet warte ich auf den Augenblick, in dem sich die goldgelben Felder in das türkisblaue Meer unter mir ergießen. Doch unser Flieger setzt schon zur Landung an, bevor ich das Schwarze Meer sichte. Stattdessen lösen ein paar Hochhauskomplexe von Burgas die Monotonie des Ackerbaus ab. Und dann erscheint es doch – erst erhasche ich kleine Seen und dann das Meer.
Gelangweilt stehen fünf Störche wie ein Begrüßungskommando neben unserer Landebahn. Wir rollen bis zum Ende weiter, um zwischen zwei weißrussischen Fliegern einzuparken. Schnell wird der Zeiger der Uhr von 6 auf 7 Uhr morgens gestellt. Willkommen in Bulgarien.
40 Minuten von Burgas entfernt liegt der kleine Ort Sozopol. Es ist noch sehr früh an diesem Morgen und dennoch drückt die Neugier. Vorsichtig schleiche ich durch die Kopfsteinpflasterstraßen. Behutsam hebe ich meine Füße und dennoch schallt jeder Schritt. Dabei sollte es eher das Trappen der Pferde sein, das man hört. Doch die Kutschen warten an diesem frühen Sonntagmorgen noch geduldig auf Touristen. Genauso wie die alten Marmeladenverkäuferinnen auf ihre Kunden warten und das stilsicher für einen solchen historischen Ort tun. Überall sieht man Holztischchen mit liebevoll aufgereihten Gläsern. Feige – rufen sie mir auf Deutsch zu. In ein paar Seitenstraßen vom Postamt dominieren Souvenirs aus Keramik die Szenerie.
Ich kann mich nicht ganz entscheiden, welchen Weg ich einschlagen soll. Egal in welche Richtung ich laufe, überall öffnet sich von dieser Landzunge der Blick auf das Meer. Möwen kreisen über dem Ort und der Küste, als wollten sie mich bei meinem Spaziergang begleiten. Häuser, die sich ebenso nicht ganz entscheiden konnten, ob sie aus Stein oder Holz erbaut werden wollten, schmücken die Stadt. Es ist der traditionelle Schwarzmeerküstenstil, der auf steinernen Fundamenten Holzwände und türkische Dachziegeln aufsetzt. Kleine Kirchen aus Stein findet man auch in diesem Ort überall. Besonders fällt dabei die Sveta Bogorodica aus dem 15. Jahrhundert auf, da sie auf Resten einer alten mittelalterlichen Kirche auf osmanischem Befehl unterhalb des Straßenniveaus gebaut wurde. Und noch eine Kirche hat es in sich und zieht somit religiöse Touristen an. In der Hl. Brüder Kiril und Method kann man seit 2012 Überreste von Johannes dem Täufer bestaunen, die bei Ausgrabungen in der Sveti Ivan (St. Johannes) Kirche auf der vorgelagerten Insel Sveti Ivan gefunden worden waren. Natürlich wird wie in allen orthodoxen Kirchen üblich jeder Frau, die zu viel Schulter zeigt, ein Tuch übergeworfen. Kleine Knochen liegen in einer Schatulle unter Glas.
Sozopol klingt – als wäre es eine kreative Wortgenerierung aus dem Sozialismus. Dabei schaut das Städtchen auf eine viel reichere Geschichte zurück. Vor 4000 Jahren v. Chr. lebten hier die Thraker, um 611 v. Chr. gesellten sich Griechen dazu und nannten die Stadt Apollonia. Eine 13 m hohe Apollo-Statue ragte gen Himmel. Diese wurde später von den Römern mit nach Rom genommen. 330 n. Chr. Wurde Apollonia in Sozopol – Stadt des Heils – umbenannt.
Heil und Ruhe findet man hier – und sei es, wenn man nur den Blick von einem der vielen kleinen Restaurants über das Meer unterhalb der Felsen und Wehrmauern schweifen lässt. Etwas geschäftiger geht es da schon an den umliegenden Stränden zu. Zlatna Ribka ca. 2 km nordwestlich vom Stadtzentrum ist unser Revier. Hier reihen sich ein paar Familienhotels und Zeltplätze aneinander. Liegen zieren den Strand in dieser Bucht. Man kann schnell einen ganzen Urlaub hier verbringen, ohne die Schönheit der Umgebung wahrzunehmen. Ich lasse mich an diesem ersten Abend erschöpft auf die Liege neben dem Bademeistersitz sacken. Kaum liege ich da und schaue zu dem durchtrainierten 60Jährigen hinüber, hievt er sich durch meine Blicke angespornt an einer Stange im Hochsitz nach oben. Ein bisschen erinnert mich dieser Strand im Abendlicht an ein in die Tage gekommenes Malibu. Baywatch like errötet die Umgebung. Ich schließe die Augen und denke, Bademeister sind überall gleich.
Während meiner Reise wurde ich durch das Bulgarische Tourismusamt unterstützt. Alle Ansichten sind meine eigenen.
..ich wußte doch ich hab was verpasst. hahaha – da will ich aber unbedingt auch noch mal hin!
Sozopol lohnt sich, Nicole. Zu schade, dass Du da gewesen bist, ohne richtig da gewesen zu sein…Aber es gibt bestimmt ein nächstes Mal. LG, Madlen
Ich war im August auch in Sozopol. Fand diesen Strand bei Balchik etwas weiter nördlich aber netter, hatte da lustigerweise auch ein Bademeister-Erlebnis.
http://www.zerinnerung.de/weltreise-2014/bulgarien/der-meeres-schiedsrichter/3277
Hallo Felix, ja, zum Baden fand ich Strände weiter im Norden auch besser. Aber die Lage von Sozopol und die Stadt selbst fand ich dennoch hübsch. Ich kam mit wenigen Erwartungen und wurde ziemlich überrascht. LG, Madlen