„Ihr müsst paddeln als würdet Ihr Euch wie Fische durch’s Wasser bewegen.“, sagt meine Pilates-Lehrerin im ruhigen Ton. Sie wolle uns heute nicht so fordern, schließlich ist es richtig heiß draußen. Ach was könnte ich jetzt nicht alles tun: in die Berliner Seen springen, Eis schlecken, in eine gekühlte Bar gehen. Stattdessen quäle ich mich tatsächlich im Fitness Studio bei einem Kurs, dem ich sonst alles andere als Schwitzpotenzial zuschreibe. Als nächstes dehnen wir uns „wie die kleine Meerjungfrau“ und schon träume ich mich als Fisch ins Meer. Doch nicht immer ist ein Meer oder See zur Stelle, wenn die Temperaturen über 30 Grad steigen. Das geht mir in Deutschland genauso wie auf Reisen. Verschiedene Orte schwirren mir durch den Kopf, die nicht die Sommer-, Sonnen-, Strand- und Palmen-Qualität aufweisen, aber dennoch Erfrischungspotenzial haben und mich einen Moment zum Fisch werden lassen…
Fluss-Floating in Brasilien
Seit sechs Stunden sitze ich in dem Bus von Corumba, einer Kleinstadt an der bolivianischen/brasilianischen Grenze, nach Bonito. Ich bin der einzige Fahrgast. Scheinbar verschlägt es niemandem in dieses Hinterland. Eine feuchte Hitze liegt über dem Pantanal. Wenn man von hier kommt, sehnt man sich nur noch nach einem: Wasser! Bonito hat davon genug, und genau deshalb lege ich hier einen Stopp ein. Bonito ist so schön wie sein Name, mag man fast sagen. Aber das stimmt nicht ganz. Der wahre Schatz des kleinen Ortes liegt in der Umgebung und zwar unter Wasser. Glasklare Flüsse sind das Geheimnis, das es zu entdecken gibt. Fluss-Schnorcheln nennt man es auch. Bei über 30 Grad quetsche ich mich in einen Neoprenanzug mit kurzen Beinen und langen Ärmeln, der das Floaten unterstützt, setze mir eine Brille auf und schiebe mir den Schnorchel in den Mund. Ich kann es kaum erwarten. Aber dann kommt die Nachricht, dass es sich hierbei nur um einen Test handle. Der Fluss sei 3 km entfernt und wir würden erst durch üppige Natur mit Moskito-Garantie wandern. Jedoch seien Sonnencreme und Moskitoschutz „strictly forbidden“. Gefressen werden oder schwitzen. Fast alle unserer achtköpfigen Gruppe entscheiden sich fürs Schwitzen. Von der Estância Mimosa laufen wir durch den Wald zur Hauptquelle des Olho d’Água River, wo wir uns endlich in den Fluss stürzen können, um dort das erste Stück bis zur Mündung des Olho d’Água River und Rio da Prata zu floaten; nach einer kurzen Pause geht es den Rio da Prata weiter hinab. Es ist wie ein riesiges Aquarium, in dem wir uns treiben lassen, im Gegensatz zum normalen Schnorcheln. So glasklar habe ich noch kein Meer gesehen wie diesen Fluss. Und so erfrischend habe ich wohl fast noch nie ein Wasser empfunden.
Man benötigt ungefähr 1 Stunde von dem 50 km entfernten Bonito. Die Tour selbst dauert 3,5 Stunden. Die Schnorchelausrüstung kann geliehen werden und es gibt Aufbewahrungsfächer für den restlichen Kram, den man dabei hat. Man wird aber angehalten, für diesen Ausflug so wenig wie möglich dabei zu haben. Ich nahm das so ernst, dass ich noch nicht einmal eine Kamera bei mir hatte, worüber ich mich sehr ärgerte.
Über Piranhas, Harnwelse und rosarote Delfine
Es gibt Wasser da springt man gern rein und es gibt Wasser, da zögert man einen Augenblick, um dann trotzdem reinzuspringen. Ich gebe zu, ist man einmal in einen Fluss gesprungen, in dem man noch ein paar Hundert Meter vorher Piranhas gefischt hat, macht man es immer wieder. In einigen Zuflüssen des Amazonas habe ich mich an manch heißen Tagen, nun ja, erfrischt nicht ganz, denn meist war das Wasser nicht weniger warm als die Luft. Häufig sprang ich in eine braune Soße ohne zu wissen, was unter uns so herumschwimmt.
Dabei fürchten die Einheimischen weniger die Piranhas als den Candirú, der sich vom Uringestank angelockt in der Harnröhre festbeißt, um dort zu verenden. Daher immer der wohlgemeinte Rat der Bootsmänner, springt rein, schwimmt und genießt, aber bitte pinkelt nicht! Wenn man Glück hat, und ein wenig herumschwimmt, gesellt sich manchmal sogar eine Gruppe Flussdelfine zu einem und stupst einen an. Vom rosaroten, sagenumwobenen Amazonasdelfin (auch Boto, Bofeo oder Tonina genannt) akzeptiert zu werden, ist dann doch etwas Großes! An manchen Orten werden die Botos extra abgefüttert (so am Rio Negro), schöner ist es, wenn plötzlich völlig überraschend einer neben der auftaucht (Bolivien).
Auf der bulgarischen Therapie-Couch
„15 Minuten Sightseeing!“. Ich will nicht mehr, keinen Schritt weiter will ich mich in dem Tourismuskomplex Albena zwischen den Hotelanlagen bewegen. Meine Füße sind schwer. Hilfesuchend schaue ich mich um, nach einer Bank im Schatten. Dabei fällt mein Blick auf ein Schild mit der Aufschrift „Garra Rufa Fish Therapy“. Als ich näher komme sehe ich ein weiteres großflächiges Schild, das in 15 Minuten zarte Füße ankündigt. Mir geht es weniger um den Soft-Fuß als um ein kaltes, erfrischendes Fussbad. Dass dabei noch ein paar Fische in der Schüssel, nein im Aquarium zappeln, ist dabei nebensächlich. Das denke ich aber auch nur einen Augenblick. Dann stürzen zig Kangal Fische schon auf meine Füße. Am Anfang kitzelt es, dann tut es sogar ein bisschen weh. Was manche als Therapie oder kosmetische Behandlung einsetzen, dient mir als erfrischender Pausenvertreib, um mich um die Hotelstadt Albena zu drücken. Geduldig sitze ich im Schaufenster und starre wie ein Fisch im Aquarium durch die Glaswand.
Was man noch so machen kann?
Tauchen, schnorcheln oder paddeln, Hauptsache ab ins Wasser!
Ich bin ja auch immer skeptisch wenn es um fremde Gewässer geht, vor allem wenn man nichts sieht.
Das Bild von den Quallen fasziniert mich sicherlich noch eine ganze Weile
Ich habe mit dunklen Gewässern eigentlich kein Problem. Manchmal finde ich sogar Seen und Flüsse fast interessanter als Meer. Aber Quallen faszinieren mich nur ästhetisch, live mag ich sie nicht haben. Erst letztes Wochenende an der Ostsee waren richtige Monsterquallen unterwegs. Man konnte nicht mehr ausweichen. Die sind wirklich fotogen aber beim Schwimmen nerven sie. LG, Madlen