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Santiago – Galapagos ist Expedition

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Monotones Motorengeräusch begleitet mich im Schlaf. Eine fünfstündige Nachtfahrt führt uns von der Insel Santa Cruz nach Santiago oder James Island, wie die Insel noch genannt wird. Hinter den Lamellen der Jalousie zeichnet sich ein Sonnenaufgang ab, den ich zu verpassen bereit bin, so müde bin ich noch. „Galapagos ist nicht Urlaub“, meinte unser Guide Marycarmen gleich am ersten Tag. Und sie hat Recht, es ist eine „Expedition“ oder eben Erkundungsarbeit. Dazu gehört auch der morgendliche Weckruf um 7 Uhr, das Frühstück um 7.15 Uhr und dann… Ja, und dann?

Puerto Egas

Puerto Egas

Buccaneer Cove

Buccaneer Cove

Die Gruppe, die nicht Schnorcheln möchte, fährt mit den Booten aus, während wir Wasserratten noch auf dem Sonnendeck die Aussicht genießen können. Den Blick auf Santiagos Steilküste gerichtet, in der zig Vögel nisten, oder über die Wasseroberfläche des Pazifiks schwenkend, über die Wellenläufer stolzieren. Auch spielende Seelöwen sind von unseren Liegen aus zu sehen. Doch zu viel Muse tut nicht gut. Also geht es gut organisiert an die Ausgabe der Schnorchelausrüstung. Und ab 9.30 Uhr erfährt diese auch gleich ihren Außeneinsatz – das erste Tiefseeschnorcheln auf Galapagos in Buccaneer Cove steht an.

Meine Schnorchelbox

Meine Schnorchelbox

Ausgabe der Schnorchelausrüstung

Ausgabe der Schnorchelausrüstung

Haihöhle

Haihöhle

Bevor wir unsere Neoprengeschützten Körper in das 21 Grad kalte Wasser gleiten, fahren wir mit der Panga an den Klippen entlang, in deren Schichtenstruktur Boobies (Tölpel) und Co. nisten. Auf dem Felsrücken ragen ein paar blattlose Bäume in den nur leicht bewölkten Himmel. Während wir alle zitternd auf die Felswand starren und doch lieber die Unter- anstatt die Oberwelt entdecken möchten, nimmt ein lustiger, älterer Brite, der sich im Honeymoon befindet, die Anspannung und meint zum Unterwasser-Expeditionsleiter Edison: „Es ist ja alles ganz schön hier an der Felswand, doch wann geht es denn endlich ins Wasser?“

„Gleich“, erwidert Edison und fährt uns noch mit der Panga in eine kleine Höhle, in der man öfter Haie sehen soll. Als wir diese wieder verlassen, begleiten uns jedoch nur spielende Seelöwen. Ich bin nicht unglücklich, denn um ehrlich zu sein, schwimme ich lieber mit den pelzigen Meeressäugern als mit Haien.

Schnorchelgang am Nachmittag in Puerto Egas

Schnorchelgang am Nachmittag in Puerto Egas

Dennoch gibt es nun kein zurück mehr. Wir lassen uns vom Boot ins Wasser gleiten und schnorcheln die Küste entlang. Es dauert nicht lang, bis viele bunte Fische unter mir vorbeischwimmen. Es ist der erwartete Blick ins „Aquarium“, der mich beruhigt. Nichts Großes, Spektakuläres, sondern die farbenfrohe Mischung macht’s. Doch dann bewegt sich plötzlich ein Wesen anmutig in mein Sichtfeld und erhascht zugleich meine völlige Aufmerksamkeit: ein riesiger Mantarochen. Nicht viel später sichten wir einen harmlosen schlafenden Weißspitzen-Riffhai am Boden, doch man soll schlafende Haie nicht wecken. Die 21 Grad machen sich nach 40 Minuten in meiner Hautfärbung bemerkbar, so dass ich als erste unserer Gruppe den wärmenden Platz auf der Panga unter meinem Handtuch suche.

Meerechse

Meerechse

 

Der zweite Schnorchelgang soll nicht lange auf sich warten lassen und so geht es bereits nach dem Mittagessen um 14.30 Uhr wieder an Bord der Panga. Über die Mittagszeit hat uns unser Kapitän Christian vor die Bucht Puerto Egas navigiert, und in diesen Hafen sollen nun unsere kleinen Schlauchboote einlaufen. In der Mitte des vorherigen Jahrhunderts gab es hier Salzminen. Nach dem Eigentümer wurde dieser Hafenort benannt. Doch nur Pfähle sind als Überreste geblieben. Die heutigen Bewohner sind Seelöwen und Seebären. Erstere springen auch bei unserer Ankunft freudig im seichten Wasser am Strand. Eine Seelöwenmutter schleppt sich aus dem Wasser. Zwei kleine Seelöwenkinder folgen ihr. Sie sind nicht die einzigen Seelöwen, die man an diesem hier neben den schwarzen Meeresechsen, die sich übereinander stapeln, findet. War gestern noch jeder Leguan ein Ereignis, so finden wir heute die englische Bezeichnung einer „Mess of Iguanas“ passend.

Fregattvogel

Fregattvogel

Nachdem ich mich den beiden Fotomotiven Leguane und Seelöwen ausreichend gewidmet habe, sollen wir nun noch vom Strand aus die Unterwasserwelt bewundern. Doch durch meine aufgeregten Schritte im steinigen schwarzen Vulkansand habe ich mir am Fuß eine Schnittwunde zugefügt. Soll ich oder soll ich nicht? Edison winkt ab und meint, das Salzwasser täte der Wunde gut und brächte die Blutung zum Stoppen. Verwundert frage ich nach Haien? „Klar gibt’s die hier, aber die interessieren sich nicht für Dein Blut.“ Na denn, will ich’s mal glauben. Durch den kalten Humboldtstrom, der nicht nur das Wasser sondern auch die Luft in dieser Jahreszeit herunterkühlt, findet man einen puren Untergrund aus Steinen und Sand, über dem sich die Farbpracht der Fische ergießt. Korallen brauchen es warm, so sind sie zwischen Papageienfischen, Soldatenfischen, Falterfischen und Co. nicht als Requisite anzutreffen. Gerade habe ich mich an den Aquariumblick gewöhnt, der Hai und mein blutender Fuß sind längst vergessen, da huscht ein großer, dunkler Körper elegant unter mir durch. Ohrenrobben wollen mit uns spielen. Wie gern würde ich jetzt meine Schnorchelausrüstung gegen eine Taucherausrüstung eintauschen, mit ihnen in den Tanz einstimmen. Doch bleibe ich nur Zuschauer – beobachte den Tanz des Seelöwen von oben.

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Nach dem Schnorchelgang gehen wir gemeinsam mit Marycarmen und den „Albatrossen“ auf eine Wanderung durch bizarre Lavaformationen. Es ist eine ziemlich vogelreiche Tour, auf der uns neben Nachtreiher, Kingfischer, Lavareiher, Austernfischer, Seelöwen zudem immer wieder kleine, flinke Salamander begegnen.  Doch ein Highlight wartet am Ende der Wanderung in einer Mondlandschaft am Meer auf uns. Seebären haben sich in den Lavatunneln und auf warmen Gestein breit gemacht und ruhen sich aus. Marycarmen erklärt uns eifrig den Unterschied zum Seelöwen, der sich mir nicht gleich auf dem ersten Blick offenbart. Seebären haben dickeres Fell im Nacken, kleine spitze Ohren und eine nicht so lange Schnauze. Weniger faul als die Seebären bewegen sich jedoch die Seelöwen in ihrem Revier. Sie sind gerade ziemlich spitz und haben schon ihren Harem an auserwählten Seelöwendamen um sich geschart. Dass nicht jede Dame so will wie die Herren, ist diesen ziemlich egal. So reist immer mal wieder eine aus, während der Seelöwe ihr unter brausendem Lärm hinterher jagt. Eine Seelöwendame sitzt einsam auf einem Stein und schreit nicht minder auffällig wie ihre männlichen Genossen. Die Frau hat Schmerzen, verzieht Marycarmen das Gesicht. Wahrscheinlich sei sie schwanger.

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Schweren Herzens lösen wir uns vom Anblick der rührigen Ohrenrobben und fahren zum Schiff zurück. Dort erwartet uns wie jeden Tag eine Vorbesprechung mit Marycarmen und das Abendessen. Zum Essen gesellt sich ein ecuadorianischer Rosenfarmbesitzer mit seinen drei „Kindern“ zu uns. Er wolle ja nicht stören, seien sicherlich im Honeymoon, scherzt er anfänglich. Wer in unserem Alter auf einem solchen Schiff ist, müsste schließlich im Honeymoon sein. Der Mann, der weltweit mit seinen Rosen Herzen erobert, muss es ja wissen, wahrscheinlich liegt er zu 90 % auch richtig. Nur wir sind eben eine Ausnahme. Ecuador ist nicht nur Corazon, sondern ganz viel Rosen-Business. Rundum Quito wimmelt es nur vor Rosenfarmen. Somit haben wir wunderbaren Gesprächsstoff für einen ganzen Abend. 80 % seines gesamten Umsatz verdient der Mann in den drei Wochen um Valentinstag. Valentinstag – ein Tag, der von der Alkohol-, Schokoladen- und Blumenindustrie kreiert wurde und diese am Leben erhält. Ob wir schon einmal ecuadorianische Rosen gekauft hätten? Nein, lache ich scherzhaft heraus. Lars schenkt mir keine Blumen und Rosen schon gar nicht, das ist uns zu kitschig. Da lacht der Rosenzüchter und meint, ja, wenn man in Ecuador einer Frau eine Rose schenkt, dann schmeisst sie Dir diese um die Ohren, die ist hier nicht viel wert. In Russland hingegen weiss man, eine Rose ist echt teuer und freut sich als Frau. Ich liege wohl näher am Gemüt der ecuadorianischen Frau und verabschiede mich mit diesem Wissen in die Kabine. Die Nacht ist klar, kein Geräusch, das unsere Ruhe stört. Wir haben bereits am Abend unser nächstes Ziel Rabida angesteuert.

Seebär

Seebär

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Santiago ist mit einer Fläche von 364 km² die viertgrößte Insel des Galapagos Archipels. Hier wurde bis in die 60er Jahre noch Salz abgebaut. Wir besuchten Puerto Egas und Buccaneer Cove. Im Nordwesten der Insel befindet sich der schwarze Sandstrand von Puerto Egas. Diese Region wurde einst von der Salzminen-Industrie genutzt. Hector Egas war der letzte große Salzhändler hier. Nördlich von Puerto Egas liegt die aus steilen Klippen und dunkelroten Stränden bestehende Buccaneer Cove. Diese Gegend galt früher als Zufluchtsort für Piraten und Walfänger, die hier ihre Schiffe reparierten und sich mit Trinkwasser, Feuerholz und Salz eindeckten.

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Unser Galapagos-Aufenthalt auf dem Schiff Santa Cruz, das durch Windrose und Studiosus im Deutschland gebucht werden kann, wurde von Metropolitan Touring unterstützt. Alle Ansichten sind meine eigenen.

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