Alle Artikel in: Deutschland

Lychen

See-Hopping in der Uckermark – Die Früchte des Sommers

Die knorrigen Äste hängen tief über unserem holprigen Feldweg und ächzen unter der Last der Früchte. Pflaumen, Mirabellen, Kirschen, Äpfel – aufgeregt halten wir am Wegesrand, als ein Fahrzeug mit einem Uckermark-Kennzeichen uns ungeduldig überholt. Sicherlich wird sich der Fahrer denken: Diese Berliner wieder. Was mich heute so entzückt, ließ mich noch in meinen Kindheitsjahren auf dem Land kalt. Doch so ändert sich Wahrnehmung und Bedürfnis. Hastig strecke ich mich zu den Ästen aus, um ein bisschen von dem frischen Obst zu ergattern und abwechselnd in meinem Mund und Beutel verschwinden zu lassen.  Auf dem Weg zur Krüseliner Mühle Die Allee der Früchte, wie ich sie nun nenne, liegt zwischen Beenz und Mechow. Sie führt mitten durch Felder und Wälder und endet für uns an der Krüseliner Mühle am idyllischen Krüselinsee. Es frischt auf, als wir auf der Terrasse der Krüseliner Seeschänke speisen und dem emsigen Treiben der Kanuten aus der Ferne zusehen. Der 1.700 Meter lange Krüselinsee ist der klarste See der Feldberger Seen mit einer Sichttiefe von etwa 12 Metern und bewegt sich …

mein.lychen

mein.lychen – mehr als eine Unterkunft in der Uckermark

„Sie reisen jetzt mit mir nach Afrika.“ Angelika Fuss, meine Gastgeberin der nächsten drei Tage im neu eröffneten B&B mein.lychen greift zu einem Schlüsselbund, auf dem in kleinen Lettern „afrika“ geschrieben ist. Dass sie hiermit völlig meinen Geschmack getroffen hat, konnte sie nicht wissen, als sie dieses von sechs Zimmern wählte. Zur Auswahl standen neben Afrika noch Indien, Amerika, Transsilvanien, Mitteldeutschland und Schweiz. Alles Lebensstationen der Besitzer des Bed & Breakfasts mein.lychen Friedrich W. und Konrad Niemann. Zimmer im mein.afrika Die Reise nach Afrika gestaltet sich kurz und stilvoll. Einmal gehen wir die Treppe nach oben und schon dreht sich der Schlüssel im Schloss und wir stehen in einem Zimmer, das durch afrikanische Stilelemente und durch viele Brauntöne im Interieur geprägt ist. Glampingdetails aus der Savanne lassen sich auch in das uckermärkische Schlafzimmer einbringen. So ersetzt eine Kleiderstange mit Stoffbezug den sonst gewohnten rustikalen Kleiderschrank. Auf dem Klappstuhl kann ich am Holztisch abends noch wunderbar arbeiten und daneben befindet sich eine Schale mit afrikanischen Bildbänden und Guide Books, in denen ich nach getaner Arbeit auf …

Kaserne Vogelsang

Lost Place Vogelsang oder lost in Brandenburg

Ein erneuter Ausflug zu den Heilstätten Beelitz hat mich kürzlich wieder auf den Geschmack der Lost Places in Brandenburg gebracht. Orte, die sich die Natur langsam wieder zurückerobert. Orte, die man mit einem erhöhten Pulsschlag betritt, wenn das angebrochene Parkett oder die kaputten Dielen unter den Füßen vibrieren, Putz von den Wänden bröckelt und nur das Vogelzwitschern durch die längst gebrochenen Scheiben in das Innere der Gebäude dringen. Häuser, die überwuchern. Dächer, die eingebrochen sind. Mauern, auf denen Bäume und Gras wächst. Und dann ist da der einzige Farbklecks, der in den letzten Jahren hinzugefügt wurde – Graffitis. Wir sind in Vogelsang.      Anreise nach Vogelsang Man erreicht das Gelände von verschiedenen Seiten. Wir haben ein Stück hinter dem Bahnhof unser Auto abgestellt. Dienlich war diese Karte vom Grundstück. Hier überquerten wir die Schienen und kommen schnell auf einen Weg, der an einer alten, längst eingefallenen Schranke an den Schienen endet. Andere parkende Autos (vornehmlich mit B-Kennzeichen) weisen übrigens darauf hin, das man mit Sicherheit nicht allein ist. Wir liefen ca. 3km durch den Wald auf …

Happiness

Wenn Reisen eine Flucht ist

Reisen ist eine Droge, von der man schwer loskommt. Sie radiert einfach für einen Moment all die Dinge aus dem Gedächtnis aus, die uns bedrücken. Sie lässt uns vergessen. Sie kann aber auch heilen. Als ich meine Leidenschaft für andere Länder entdeckte, wusste ich nichts von dieser Wirkung. Ich war einmal im Jahr high, ohne es bewusst zu steuern. Ich tankte Kraft für den Alltag und öffnete den Blick, mit dem ich nach meiner Rückkehr sah, auf welch hohem Niveau sich unser Jammern abspielt. Doch seit dem vorletzten Jahr folge ich immer mehr dem Reflex, wenn es mir nicht gut geht, setze ich mich in den Flieger – weil ich es kann. Mit dem Ergebnis, dass die Droge nicht mehr wirkt. So wie jedes Medikament seine Wirkung verliert, wenn es im Dauereinsatz ist. Denn auf die Dosis kommt es an. Hinzu kommt, dass sie ein Stimmungsverstärker ist. Was bringt es mir, auszureisen, wenn mich am Ende doch alles einholt. Ich kann nicht vor mir selbst ausreisen und dem Ballast, den man mit sich trägt. Das …

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Sicherheit ist unsere DNA – mein Tag hinter den Kulissen von Condor

Es ist ungefähr ein Jahr her, als ich auf meinem Flug nach Südafrika den Sonnenaufgang über Namibia aus dem Cockpit einer 767 auf dem Weg von Frankfurt nach Kapstadt genoss. Während ich den orangen Streifen am Horizont aus dieser außergewöhnlichen Perspektive über der kargen Landschaft Namibias wachsen sah, erklärten mir der junge Pilot und die Co-Pilotin, dass Windhoek über eine mit 4,5 km sehr lange Start- und Landebahn verfügt, die sich unter mir in die Weite einfügte. Eine Woche später landete ich genau hier. Ich muss zugeben, die 10 Minuten im Cockpit speicherte ich damals halbverschlafen und doch auch hellwach als „once in a Lifetime“-Erlebnis ab. Sicherheitstraining im Schnelldurchlauf Als ich mich nun Ende November wieder im Cockpit einer Condor-Maschine wiederfinde, blicke ich auf eine künstliche Wüstenlandschaft, die an mir vorüberzieht. Ich eile nach hinten in den Passagierraum und nehme meinen Platz ein. Kurz darauf heben wir ab, um uns nur wenige Minuten später in der Situation einer Notwässerung wiederzufinden.  Wäre dies kein Mock-Up (wie die Attrappe heißt), wäre ich wesentlich nervöser. Doch ich ertappe mich dabei, …

Friedrichshain Raw Gelände

Kiezerinnerung – Broken Window Friedrichshain

Ich weiß nicht, wann der kleine schummrige Laden, der vorgab, mal ein Plattenladen gewesen zu sein, sich in einen Puff verwandelte. Längst gingen in der Mittagspause und zum Kaffeetrinken Arbeiter im Blaumann und Geschäftsmänner im Anzug aus und ein, als plötzlich irgendwann das kleine blaue Schild mit den rosaroten Lettern AMORE vor der Tür leuchtete. Wie oft machte ich mit mir oder meinen Kolleginnen zum Spaß eine Wette, welcher parkende Mann oder Passant gleich hinter der Gittertür verschwindet. Meine Gedanken schweiften aber nicht nur wegen Amore von meiner eigentlichen Arbeit ab. Als gegenüber in einem verwaisten Laden ein Shisha-Shop einzog, kam auch Leben in unsere kleine Straße, die nicht gerade durch Schönheit besticht. Von nun an hielten junge Kerle mit klapprigen Autos aber auch mit teuren Schlitten zweite Reihe. Wieder ließ ich mich dazu hinreißen, meine Gedanken von der Arbeit abzuwenden und auf der Straße zu verlieren. Milieu-Studien par excellence ergaben sich hier. Breitbeinig wird noch mal alles zurechtgerückt, bevor Mann manchmal mit posierender Perle an der Seite den Laden auf der gegenüberliegenden Straßenseite betritt. …

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Lost Places – Weiße Häuser in Mecklenburg

Es ist ein grauer Herbsttag, an dem ich durch die Wälder Mecklenburgs streife. Immer wieder stolpert man hier nicht nur über Geäst und Pilze, auch Ruinen längst vergangener Zeiten sind manchmal dabei. Als ich das letzte Mal auf einer Radtour Rechlin durchquerte, fiel mir am Ortsausgang ein zerfallenes Gebäude auf. Dieses faszinierte mich so sehr, dass ich wieder zuhause angekommen mehr über Rechlin und seine Vergangenheit herausfinden wollte. Dabei fiel immer wieder meine Aufmerksamkeit auf die „Weißen Häuser“, die wohl versteckt im Wald zwischen Mirow und Rechlin liegen sollten. Über die genaue Lage findet man nur wenige Anhaltspunkte. Immer wieder öffnen sich als erstes seltsame Foren mit einschlägiger Gesinnung, auf die ich keinen Mausklick setzen wollte. Und so suchte ich selbst meinen Weg an diesem Sonntag zwischen Granzin, Teerofen und Qualzow – mitten im dichten Nadelwald, durch dessen Dach die schwachen Sonnenstrahlen nur noch wenig Licht zu schicken vermochten. Mich fröstelte es nicht nur angesichts der Temperaturen, sondern auch die Schilder in der Umgebung ermutigten mich nicht gerade dazu, diese vergessenen weißen Häuser aufzusuchen – denn diese mahnten zur Vorsicht …

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Tiger Diego sucht Stube

Im Garten des Wildkatzenzentrums Felidae herrscht an diesem Dienstagmorgen eine ausgesprochene Ruhe. Kaum zu glauben, das sich hier heute ein besonderer Gast seinen Weg durch das feuchte Laub bahnt. Fast etwas unbeholfen und doch zugleich stolz und selbstsicher springt Diego durch die Mulden, versteckt sich hinter dem Gehölz, um dann Anlauf zu nehmen und mein Bein zu umschlingen. Fast wie meine Hauskatze, aber nur fast. Denn Diego, der hier heute schon einmal sein neues Zuhause erkundet, ist kein Stubentiger, sondern ein echter Tiger. Doch was macht ein Tiger in Brandenburg? Das fragt sich sicherlich auch Diego. Noch mit geschlossenen Augen gerade einmal 5 Tage alt wurde er am 13. August in einem Körbchen vor der Tierarztpraxis von Frau Dr. Doris Tesch gefunden. Ausgezehrt, dehydriert und mit Nierenversagen ging es hier ums Überleben. Dank einer intensiven Behandlung mit Infusion und Aufenthalt in einer Sauerstoffbox kam Tiger Diego wieder zu Kräften. Doch wo sollte er von nun an leben? Was jetzt noch süß und klein anmutet, wird bald ein ausgewachsener Tiger sein, der ca. 250 kg auf …

Rheinsberg, Deutschland, puriy

Rheinsberg – zwischen Seen, Schloss und schönen Künsten

Wieder klappern die Hufe über das alte Kopfsteinpflaster der Stadt. Es ist nicht die erste Kutsche, die uns in der weitläufigen, typischen brandenburgischen Allee überholt. Wer nach Rheinsberg kommt, verspürt ein bisschen den Charme alter Zeiten. Immer wieder habe ich Bilder meiner Schulzeit von Fontane vor Augen. Und da dürfen Kutschen und niedrige Häuserfassaden natürlich nicht fehlen. Was auch nicht fehlen darf, ist das Schloss, für das das beschauliche Städtchen mit perfekter Wald- und Seenlage weit über das Ruppiner Land hinaus bekannt ist. Viele Jahre fuhr ich regelmäßig durch Rheinsberg auf meinem Weg in den Norden. Allenfalls für ein Eis oder einen Stopp in der Bäckerei reichte meist die Zeit. Manch eine Kanutour begann hier auch vor Jahren. Doch eines war immer gleich – ein verhülltes Schloss. Mal war es die rechte, mal die linke Seite, nie bekam ich die volle Schönheit zu sehen. Der Ort, an dem Friedrich der Große seine glücklichen Kronprinzenjahre verbrachte, entfaltete sich nie in seiner vollen Pracht. Was auf dem ersten Blick wie eine normale brandenburgische Architektur aussieht, wurde von …

Müritz, puriy

In einem Tag um die Müritz – 100 km mit Rad

Da ist sie, die frische Seeluft, die steife Brise, die im Norden immer ein Stück heftiger weht. Als wir den geschützten Wald, den wir größtenteils an der Ostseite der Müritz durchfuhren, am Ortseingang von Waren verlassen, kämpfen wir gegen die Sturmböen an. Dunkle Wolkenschichten schieben sich über uns hinweg, während neben uns am Uferweg das Wasser in Wellen an Land schwappt. Wir haben den größten Binnensee Deutschlands (auf deutschem Gebiet) erreicht – die Müritz. Leichter Nieselregen stäubt uns einen Hauch Frische ins Gesicht, doch uns dürstet es eher nach Wärme. Wir suchen das Kietzspeichercafé auf, um bei Kaffee und Kuchen zu entscheiden, ob wir die Müritzumrundung an dieser Stelle fortsetzen – unsere Radtour um die Müritz an einem Tag. Etwa ein Drittel liegt hinter uns, aber erst jetzt sehe ich die Müritz das erste Mal auf dieser Tour vor mir: Von Blankenförde sind wir über Granzin, Speck, Federow bereits nach Waren geradelt. 32 km in knapp zwei Stunden mit wenigen Fotostopps. Das klingt nicht viel, ist auch nicht viel, aber meine Erkältung der letzten Woche …