Alle Artikel in: Brasilien

Cachoeira

Cachoeira – dort wo der Tabak wächst

Verschwommen zeichnen sich Bambusfelder hinter der Autoscheibe ab. Sie fügen sich wunderbar in die sattgrüne Landschaft ein, die sich links und rechts der Landstraße aufwellt. Es ist nicht einmal zwölf Stunden her, als ich in der feuchtwarmen Luft von Salvador Bahia landete. Ein Bambusdach schmückte den Weg vom Flughafen in die Stadt, die mich mit ihren bröckelnden Fassaden recht verschlafen begrüßte. Jetlag und Schlafmangel lassen mich nun tief in den Autositz sinken und dösend tagträumen. Bald wird es regnen, denke ich mir, als wir die kleine Stadt Santa Amaro erreichen. Tief liegen die Wolken inzwischen über der Landschaft. Wo einst Zuckerrohr angebaut wurde, steht heute eine große Papierfabrik, die den Bambus gleich weiterverarbeitet. Die Gegend war auch reich an Gold, Silber, Tabak, Zucker. Die portugiesischen Eroberer holzten die Wälder ab und versklavten die Ureinwohner als billige Arbeitskräfte. Aus Afrika wurden bald kräftigere Arbeitskräfte herangeschafft, im Gegenzug machten sich Rohstoffe und Waren auf die Reise nach Europa. Cachoeira und der Glanz von einst Erste Tropfen prasseln auf die Scheibe, als wir unser Ziel am Rio Paraguacu erreichen. Cachoeira galt im 19. …

Brasilien, Ilha do Marajó

Ilha do Marajó und die Entdeckung der Langsamkeit

Ein Pfeifen schrillt durch die Gänge, als die ersten Passagiere zu den Schwimmwesten greifen. Es ist eine Stunde vergangen, als wir mit unserer Fähre auf dem Rio Guamá in die Baía do Guajará gestochen sind, um zur Ila do Marajó überzusetzen. Längst bin ich von der Übelkeit so geschwächt, die mir der Seegang bereitet, als dass ich mich auf ein Kentern vorbereiten könnte. Nach 2,5 Stunden erreichen wir die größte Flussinsel der Welt und passen uns an die Langsamkeit in den Straßen an. Die ausgestorbene Hauptstadt der Insel, Soure, ist zur Mittagszeit fast menschenleer. Ein paar Mopeds wirbeln ein wenig Staub auf. Gemütlich radeln ein paar Einheimische durch die breiten Straßen. Büffel stehen an den Ecken. Das ist schon alles, was das Leben hier hergibt. Fazenda-Leben und die gestrandeten Wasserbüffel Doch genau diese sind hier neben den Stränden und dem Müßiggang wohl die Attraktion. Denn auf Marajó leben Hunderttausende Wasserbüffel vier verschiedener Arten. Sie sollen 1920 auf die Insel gekommen sein, als ein Schiff aus Asien vor der Küste Brasiliens Schiffbruch erlitt und sank. Eine …

São Luís

São Luís – Ein tiefer Mittagsschlaf

Behäbig wechselt eine getigerte Katze die Straßenseite. Mehr passiert nicht, als ich durch die Rua do Giz laufe. Es ist nachmittags und die Provinzhauptstadt des Bundesstaats Maranhão liegt in einem langen Mittagsschlaf. Die Frage ist nur, wann sie daraus erwacht. 1 Million Einwohner sollen hier leben, doch außer Katzen zeigt sich kaum ein Wesen in den wunderschönen, kolonialen Straßenzügen, die durch schmucke portugiesische Azulejos-Fassaden geprägt sind. Dabei waren die Stadtgründer anders als im übrigen Land nicht einmal Portugiesen, sondern Franzosen. Die Blütezeit des 18. und 19. Jahrhunderts ist längst vergangen, den Verfall sieht man an den vielen lückenhaften Kachelwänden, die oftmals der Natur einen guten Nährboden bieten. So grünt es aus manchen Dächern und Wänden während daneben schmiedeeiserne Gelände, Balkone und farbenfrohe geschnitzte Haustüren blinken. Barschilder scheinen in den Nachmittagsstunden mehr eine Zier, als eine ernsthafte Einladung. Abendstimmung auf dem Largo do Comércio Mit der eintretenden Dunkelheit erwachen die Kopfsteingassen zu Leben. Der Largo do Comércio füllt sich mit jungen Leuten. Offene Kurzhaar-Afrofrisuren werden auf den Straßen mit Stolz getragen. Straßenstände säumen die Ränder des Platzes …

TAP PORTUGAL

Frühstück in Lissabon – Mit TAP Portugal in den brasilianischen Amazonas-Urwald

Es ist ein sonniger Morgen, als ich auf einem Liegestuhl auf dem Miradouro de São Pedro de Alcântara mit einem Pastéis de Nata und Galão sitze und über Lissabon schaue. Das könnte der Anfang einer Portugal-Reise sein, doch stattdessen ist es nur ein Zwischenstopp, ein kurzes Vorspiel für meine Reise nach Brasilien. Heute ist sozusagen der Weg das Ziel. Ich verbringe fünf Stunden in der Altstadt am Tejo. In 30-40 Minuten ist man vom Flughafen im Zentrum von Lissabon. Shuttlebusse, Aerobus genannt, machen das möglich. Für 4 EUR kann ich hin und am selben Tag zurück zum Flughafen fahren. Ich bin morgens um 6 Uhr mit dem Flieger von TAP Air Portugal 3 Stunden 40 Minuten von Berlin nach Lissabon geflogen. Acht Stunden nach meiner Landung wird mein Flieger erneut abheben, dann aber über den Atlantik. Mit TAP Air Portugal auf direktem Weg nach Brasilien Wer von Europa nach Brasilien fliegt, dem bietet sich TAP Air Portugal wohl die breiteste Auswahl an Flügen an. Das Schöne ist, dass man nur einen Umstieg in Lissabon hat. …

Lençóis Maranhenses

Die weißen Bettlaken Lençóis Maranhenses – Im Rausch des Sandes

Die Meeresbrise liegt noch in der Luft, als sich vor uns hell schimmernde Sandberge auftürmen. Wir fahren hinein in das, was man „weiße Bettlaken“ – Lençóis Maranhenses – nennt. Und kurz darauf sind wir Teil dessen, was sich vor uns kunstvoll präsentiert – eine Landschaft die bewegt, und zwar im doppelten Sinne. Wüstenlandschaften wirken immer unwirtlich und irgendwie fremd. Ihr Minimalismus beeindruckt. Was man eben noch zu sehen geglaubt hat, verändert im nächsten Moment sein Erscheinungsbild. Dünen sind Getriebene des Windes. Sandkörner legen sich auf meiner Haut ab, suchen sich jede freie Pore. Die Natur vereinnahmt alles, was fremd ist, was nicht hierhin gehört. Der Wind peitscht über die Dünenkronen, schiebt Kanten und Rundungen immer wieder zu neuen Formen zusammen. Wie Fontänen spritzen die harten Körner aus den Hügeln heraus. Das Spiel von Sonne und Wolken tut sein Übriges. Minutenlang verharre ich an einer Stelle und lasse die Natur sich um mich herum bewegen. Licht und Schatten überziehen die Dünen und setzen sie immer wieder neu in Szene. Spuren, die mich hierher führten, sind längst nur …

Atins

Atins und die Elemente der Natur

Meine Fußsohlen brennen, als ich in der Mittagszeit durch die Straßen von Atins spaziere. Die Erkundung des Ortes war wohl um diese Zeit keine gute Idee, soll ich schnell bemerken. Kaum ein anderer stapft bei diesen Temperaturen durch den Sand, und damit meine ich nicht die Lufttemperatur. Ich springe von Schatten zu Schatten, eiere über die heißen Sandkörner, die sich wie glühende Kohlen unter auf meinen Fußsohlen anfühlen. Wer sich mittags durch Atins bewegen will, tut dies mit Quad. In Atins lerne ich mich zu bändigen. Sand und Hitze führen mich zurück zur Langsamkeit. Vom Gestalter werde ich zum Beobachter. Der mühevolle Weg nach Atins 40 Minuten nach unserer Abholzeit um 7 Uhr klingelt es endlich an der Tür von Casa Frankie. Ein gut heruntergekühlter Van wird uns und zwölf weitere Passagiere für 60 Reais p.P. nach Barreirinhas bringen. Dort wollen wir noch vor der Mittagspause, die hier immer alles in einen Schlaf stürzt, auf das Boot nach Atins wechseln. Doch eigentlich hätte ich es besser wissen müssen, wenn es um Pläne machen geht. Lateinamerika tickt …

Belém, Brasilien

Belém – Das Tor zum Amazonas zwischen Verfall und Reichtum

Dicke, graue Wolken liegen über Belém, als wollten sie sich gleich über der Stadt ergießen. Ich bin am Tor zum Amazonas und dieses ist weniger idyllisch, als das, was die Natur am Delta des wasserreichsten Flusses der Welt sonst so verspricht. Farbige Boote und eine faulige Brise Belém geht durch die Nase. Riecht es sonst nach einem Regenschauer sandig-frisch, so verstärkt sich in den Straßen der Stadt noch der Gestank des Abwassers, Mülls und Urins. Dabei leuchten die Fassaden, Boote und Gaiolas im kleinen Fischerhafen am Ende der Avenida 16 de Novembro farbenfroh im gedämmten Licht, das die Sonne durch die Wolkendecke herabschickt. Doch die bröckelnden Fassaden und die engen Gassen, die mit Verkaufsständen gepflastert sind, sprechen eher von Verfall. Zwischen den bunten Amazonasbooten, die zur Ebbezeit im Sand gestrandet liegen, verteilt sich der Müll. Schwarze Geier wachen ungeduldig darüber und halten Ausschau nach Beute, die es hier massenweise gibt. Bei über dreißig Grad Temperatur fault, verwest und vergärt alles, wenn sie es sich nicht schnell genug schnappen – ob weggeworfene Fleischüberreste und Fischinnereien, verfaultes Obst oder Essensreste. …

Aquarium

Aquariumgefühle – Abkühlung an heißen Tagen {DIARY}

„Ihr müsst paddeln als würdet Ihr Euch wie Fische durch’s Wasser bewegen.“, sagt meine Pilates-Lehrerin im ruhigen Ton. Sie wolle uns heute nicht so fordern, schließlich ist es richtig heiß draußen. Ach was könnte ich jetzt nicht alles tun: in die Berliner Seen springen, Eis schlecken, in eine gekühlte Bar gehen. Stattdessen quäle ich mich tatsächlich im Fitness Studio bei einem Kurs, dem ich sonst alles andere als Schwitzpotenzial zuschreibe. Als nächstes dehnen wir uns „wie die kleine Meerjungfrau“ und schon träume ich mich als Fisch ins Meer. Doch nicht immer ist ein Meer oder See zur Stelle, wenn die Temperaturen über 30 Grad steigen. Das geht mir in Deutschland genauso wie auf Reisen. Verschiedene Orte schwirren mir durch den Kopf, die nicht die Sommer-, Sonnen-, Strand- und Palmen-Qualität aufweisen, aber dennoch Erfrischungspotenzial haben und mich einen Moment zum Fisch werden lassen… Fluss-Floating in Brasilien Seit sechs Stunden sitze ich in dem Bus von Corumba, einer Kleinstadt an der bolivianischen/brasilianischen Grenze, nach Bonito. Ich bin der einzige Fahrgast. Scheinbar verschlägt es niemandem in dieses Hinterland. …

HEADER

Rio im Fussballfieber – ein Chilene sieht rot

Lateinamerikaner sind echte Fussball-Fans. Wenn einmal der Ball rollt, ist keiner mehr zu halten. So versicherte man mir erst kürzlich, als ich durch Honduras reiste, das Land würde still stehen, wenn endlich seine Equipo auf dem Platz in Brasilien stehen würde. Ähnlich fußballbegeistert ist auch unser lieber puriy-Außenreporter aus Chile. Letztendlich war es auch das Sommermärchen 2006 in Deutschland, das für ihn den Anlass zum Umzug nach Berlin gab. Und nun rollt wieder der Ball – und das sogar in Südamerika. Dieses Mal ist Chile dabei. Das ist förmlich ein Heimspiel, sagt unser selbstbewusster Chilene während er seinen Koffer packt, um die Spiele in der Hammergruppe – Chile, Spanien, Holland, Australien – vor Ort zu begleiten. Und pünktlich zum Spiel der beiden Rojas (Chile gegen Spanien) taucht er im Estádio do Maracanã auf und drückt seiner chilenischen Roja – heute in weiß – die Daumen.     Das Chilenen kampfesbereit sind, auch ohne Eintrittskarte in das Stadion einzudringen, diese Nachricht erreichte uns noch vor Anpfiff. Ca. 100 Fans stürmten das Pressezentrum des Stadions aus Frust, keine …

Puerto Nariño

Dschungelfieber

Ist man auf Reisen nicht immer auf der Suche nach dem einen Highlight, nach etwas Neuem nach etwas Einzigartigem? So beginnen viele Leidenschaften – auch die des Reisens. Dann, wenn Urlaub ins Reisen übergeht, hat man etwas überschritten, was mehr als nur die Ruhe vor den nächsten 340 Tagen (+/-) im Jahr ist. Man hat einmal etwas gefühlt, dem man immer wieder nachjagt. Wann ich diese Grenze überschritten habe, kann ich nicht genau sagen. Ein paar Schlüsselmomente markieren dennoch diese Linie. In den 13 Monaten, die ich in den Vereinigten Staaten nach dem Abitur lebte, begann ich mir die ersten Let’s Go Reiseführer zu kaufen. Was saß ich in den Buchläden und schmökerte darin, fasziniert von der Vielfalt, die einem solch ein Guide Book eröffnete. Wann immer ich Zeit hatte, reiste ich mit Bus, Flugzeug oder Auto durch die USA. Am meisten faszinierte mich jedoch ein Abstecher nach Mexiko. Obwohl ich damals noch nicht wusste, was es war, sprang hier ein erster Funke über. Konkreter wurde es ein Jahr später, als wir auf dem Sinai …