Langsam gleiten wir an Wiesen und Wäldern vorbei, die mit Schilf gesäumt sind. Teppiche an See- und Teichrosen versuchen wir galant zu umfahren. Die Sonne setzt der Natur einen Spiegel vor. Bäume ragen ins Wasser, Wolken schwimmen auf den Seen und Kanälen – fast, als wären sie keine Illusion. Die Zeit scheint auf dem Wasser eine andere Dimension zu haben. Der Blick auf die Uhr ist nahezu nebensächlich. Umso verwunderter sind wir, als wir nach noch nicht einmal 2 Stunden entspannten Paddelns unser Zwischenziel Useriner Mühle erreichen.
Wir waren erst nach dem Mittag in Blankenförde aufgebrochen, um dem Andrang auf dem Wasser, der hier in Mecklenburg besonders am Himmelfahrt- uns Pfingstwochenende herrscht, ein bisschen auszuweichen. Das Stück, das wir gewählt haben, ist auch relativ hindernislos – keine Schleusen und kein stressiges Umtragen des Kajaks. Besonders idyllisch ist das Zusammenspiel von Seen und Fluss in diesem Havelquellgebiet ohnehin.
Es geht zunächst die enge Havel entlang, die hier so breit ist, das gerade zwei Boote aneinander vorbeifahren können. Bootshäuser säumen das Ufer und setzen besondere Farbakzente für denjenigen, der gern fotografiert. Die Havel mündet in den Görtowsee. Grüne Tonnen weisen den Weg zur nächsten „Ausfahrt“, damit man auf dem See keine Umwege fährt bzw. nicht die geschützte Uferzone des Nationalparks anfährt. Ein Schild weist uns darauf hin, dass es 3 Stunden bis zu unserem Ziel seien. Ein bisschen verdutzt waren wir schon über die großzügige Zeitangabe. Denn eigentlich wollten wir in einer Stunde zum Kaffeetrinken an der Useriner Mühle sein.
Wieder verliert sich die Havel in einem engen Kanal – doch auf diesem Stück ist sie schon ein wenig breiter als zuvor. Flache Uferzonen, die direkt an den Wald münden, laden tatsächlich zum Halt ein, doch Schilder weisen darauf hin, dass wir hier die Kernzone des Müritz Nationalparks durchfahren und somit das Betreten der Uferzonen nicht erlaubt ist. Immer wieder fallen mir knorrige Bäume in den Blick und kleine Fische springen aus dem Wasser. Libellenpaare genießen aufeinandersitzend den besonderen Frühling und auch wir entspannen bei der meditierenden Bewegung der Paddel, die fast schwerelos durch das Wasser ziehen. Man sieht uns den leicht einsetzenden Schmerz in Schulter und Arm fast nicht an. Doch das schwierigste Stück liegt noch vor uns, wie wir aus unserer Erfahrung wissen. Denn die engen Flussläufe und Kanäle sind auch bei Wind ein Kinderspiel verglichen zu Seen.
Zunächst weitet sich die enge Havel zum Zierzsee. Genauer hingesehen ist dieser schon eine Bucht des Useriner Sees – den wir in seiner vollen Länge von mehr als 5 Kilometern überpaddeln müssen. Wir befahren den Useriner See aus nordwestlicher Richtung und sichten schon die ersten Boote, die ihre leuchtend weißen Segel gen Himmel gespannt haben, um den Fahrtwind aufzufangen. In der Ferne ragt als kleiner Strich unser Ziel senkrecht aus der Uferlinie. Es ist der Turm der alten, etwas zerfallenen Mühle, unter deren Schatten im Garten seit vier Jahren das kleine Café Papillon liebevoll betrieben wird. Es kann die letzte Saison sein, verrät uns die Betreibern später.
Im Osten zieht das kleine Dörfchen Userin an uns vorbei, in dem ich vor 20 Jahren mehrere Sommer im Kinderferienlager verbrachte. Noch immer ragt ein kleiner Steg aus dem Schilf, in dem wir einst eklige Gesöffe zum Neptunfest herunterschlucken mussten. Kurz nach dem Steg ist inzwischen ein gut ausgebauter Strand mit großer Steganlage entstanden, die jedoch heute aus der Ferne recht verwaist da liegt. Wir paddeln weiter und suchen unseren Weg zwischen der kleinen Insel und dem FKK-Camping am Useriner See Zwenzow. Der Gegenwind zieht an – umso glücklicher sind wir, als wir am Strand der Useriner Mühle unser Boot herausziehen, um einmal über der Straße im Café ein Päuschen einzulegen.
Auf der Rückfahrt sind wir eingespielter, benötigen gar nur 1,5 Stunden bis nach Blankenförde. Es war nicht unsere erste, aber sicherlich auch nicht unsere letzte Paddeltour auf diesem Teil der Havel. Wie wäre es zum Beispiel zu Pfingsten?
Streckenlänge: ca. 15 km
Besonderheit: Teil der Havelquelltour
Schwierigkeitsgrad: leicht (bei Wind kann es auf dem Useriner See etwas anstrengender werden)
Haltemöglichkeiten: Aufgrund der Kernzone des Müritz NP verfügt dieses Streckenstück über wenige Landgangmöglichkeiten. Auf dem Useriner See angekommen, kann man einmal über den ca. 950 m breiten See nach Userin paddeln – wo man Anlegmöglichkeiten hat. Auch an der kleinen Insel im See, am Strand des FFK-Campingplatzes Zwenzow und an der Useriner Mühle kann man problemlos anlegen.
Einkaufsmöglichkeiten: Userin hat einen kleinen Einkaufsladen im Ortskern und auch auf dem Campingplatz kann man das Nötigste erstehen.
Zeltplätze: Campingplatz am Hexenwäldchen (Blankenförde) und FKK-Camping am Useriner See (Zwenzow)
Erreichbarkeit: Blankenförde erreicht man von Berlin aus mit dem Auto in ca. 2 h über die Bundesstraße 96 bis nach Neustrelitz und von dort aus dann Richtung Userin und Mirow fahren. Mit dem Zug fährt man ebenso nach Neustrelitz von Berlin Hauptbahnhof.
Von dort nimmt man den Bus (Linie 679). Dies dauert noch einmal eine halbe Stunde.
Beiträge zu anderen Aktivitäten in der Gegend
- Österliche Radtour in der Mecklenburger Kleinseenplatte
- Auf den Spuren des Hirschs – Havelquellwanderung
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- Was machen eigentlich Reiher so? Gedanken in einer Mittsommernacht
- Diese Deutschen… Ein Chilene an der Ostsee
- Immer nah am Wasser
Rutsche an der Useriner Mühle
Auf dem Wasser dahingleiten ist wirklich traumhaft. Wir haben hier vor der Haustür Gelegenheit die Berkel entlang zu paddeln. Die Berkel ist ein kleiner Fluss, aber ganz idyllisch. Auf dem Wasser erlebt man einen tollen Perspektivenwechsel. Leider war ich noch nie in Mecklenburg, obwohl ich mich schon 1000 Mal in Fotos verliebt habe. Wirklich schön! Sonnige Grüße,
Jutta
Danke, liebe Jutta. Jeder hat so sein „Hausgebiet“ zum Paddeln 😉 Ich bin eigentlich auch nur in Mecklenburg, Brandenburg und auf der Berliner Spree bzw. dem Landwehrkanal mit Kanu oder Kajak unterwegs. Ist für mich ein guter Ausgleich zu stressigen Wochen. Einfach auf’s Wasser und die Ruhe genießen. Was ich besonders liebe ist die „andere Perspektive“. LG, Madlen